Brigitta Bauchinger 9.April 1957 – 15.März 2016
Liebe Mitglieder, Förderer und FreundInnen unseres Vereins!
Der Vorstand der VEZ überbringt Euch auf diesem Wege die traurige Nachricht, dass unsere Freundin und jahrelange Koordinatorin in Burkina Faso, Brigitta Bauchinger, von uns gegangen ist.
Die Urne wurde am 31.März in ihrem Geburtsort Antiesenhofen beigesetzt. Drei eng ihr nahestehenden Begleiterinnen hielten diese ergreifenden und aussagekräftigen Reden.
Lebenslauf – Brigitta 09.04.1957* bis 15.03.2016+
Kindheit, Schulzeit, Jugend, Ausbildung
…du hast am 09. April 1957 in deinem Elternhaus in Antiesenhofen als jüngste von vier Schwestern das Licht der Welt erblickt.
Mit deiner um 3 Jahre älteren Schwester Hanni hast du dort deine frühe Kindheit verbracht. Als sehr lebhaftes Kind spieltest du am liebsten mit Hammer und Nägeln.
1963 hat unsere gemeinsame Volksschulzeit begonnen und damit auch unsere langjährige Freundschaft. Gerne erinnere ich mich an unsere gemeinsamen Kindertage und die unbeschwerte Zeit zurück.
Leider überschatteten tragische Schicksalsschläge euer Familienleben:
Zuerst veränderte der viel zu frühe Verlust der Mutter, welche am Weihnachtstag 1964 während des Gottesdienstes zusammenbrach und an einem Herzinfarkt verstarb, euer Leben von einem Tag auf den anderen dramatisch.
Nachdem euer Vater ein zweites Mal geheiratet hatte, erlag auch er vier Jahre später im Jahr 1968 den schweren Verletzungen infolge eines Motorradunfalls.
Ihr wurdet fortan unter schwierigen Bedingungen von eurer Stiefmutter alleine aufgezogen. Obwohl sie sich sehr bemühte, lastete der Verlust der leiblichen Eltern schwer auf euch und prägte das gesamte spätere Leben.
Viel zu früh musstet ihr selbständig werden. So habt ihr z.B. euer Taschengeld selbst verdient, indem ihr schon Frühmorgens Brot vom Bäcker ausgefahren habt.
Durch die schwere Kindheit musstest du früh lernen, auf eigenen Beinen zu stehen – dadurch hast du jedoch viele Stärken und Fähigkeiten entwickelt.
Durch deine Intelligenz, deinen Ehrgeiz und Fleiß hast du nach 8 Jahren Volksschule den Sprung in die Bundesbildungsanstalt für Kindergärtnerinnen geschafft, welche du 1975 als Kindergartenpädagogin abgeschlossen hast.
1975 bist du ins Berufsleben eingestiegen und hast deine erste Dienststelle im Kindergarten Reichersberg angetreten, wo du sehr beliebt warst. Du hast dort während deiner zweijährigen Dienstzeit Freunde gefunden, die dich – trotz großer Entfernung – dein Leben lang begleitet haben.
Besonders wohl gefühlt hast du dich immer bei den „Druckis“, wie du sie liebevoll genannt hast. Sie haben dich wie ein Familienmitglied aufgenommen.
Über all die Jahre blieb der Kontakt bestehen, bei deinen Heimatbesuchen war ein Besuch bei den „Druckis“ stets ein Fixpunkt. Du hast dabei besonders die gemütlichen Stunden mit ihnen bei einem guten Glas Wein genossen und dir gelegentlich von Walter Lieder deines Lieblingssängers und Wegbegleiters „Reinhard Mey“ mit Gitarrenbegleitung vortragen lassen.
Deine Schwester Hanni war dir immer eine sehr wichtige Bezugsperson. Ihr beide ward durch den frühen Verlust der Eltern eng miteinander verbunden. So war auch ihre Familie samt Kindern und Enkeln immer ein wichtiger Bestandteil deines Lebens.
Besonders nah stand dir von klein auf deine Nichte Anita und später auch ihre Söhne David und Jakob. Mit ihnen hast du so manchen Urlaub und viele schöne Stunden gemeinsam verbracht. Deine „Raubtiere“, wie du die Buben nanntest, lagen dir sehr am Herzen, haben dich viel zum Lachen gebracht.
Ein Anker in deiner Jugendzeit war für dich die Gruppe der Katholischen Jugend in Antiesenhofen unter der Leitung von unserem Eberhard.
Du hast einmal gesagt, dass diese Gemeinschaft für dich deine „neue Familie“ wurde. Die gemeinsame Zeit in dieser Verbindung war für alle Mitglieder sehr prägend. In den zahlreichen Stunden des Beisammenseins haben wir viel gesungen, getanzt und gelacht, aber auch philosophiert und schöne Sommertage in den Bergen verbracht.
Eberhard, unser Jugendseelsorger, begleitete uns dabei mit viel Freude und Geduld und vermittelte uns hohe gesellschaftliche Werte.
Wir waren voller Idealismus und hatten unterschiedlichste Vorstellungen unsere Zukunft betreffend.
In dieser Zeit wurde deine Idee geboren, als Entwicklungshelferin nach Afrika zu gehen und dort Menschen zu helfen.
Wir waren alle zugleich erstaunt und begeistert, dennoch war die Vorstellung, dass du wirklich so weit von Zuhause fortgehen würdest für uns kaum fassbar.
Entschlossen, wie du warst, gingst zu zielstrebig diesen Weg und uns blieben Bewunderung und Abschiedstränen.
Eberhard war sehr stolz auf dich und begleitete dich von Anfang an, wann und wo immer es ihm möglich war. Diese große Stütze gab dir Halt und die Kraft, auch in schwierigen Zeiten deinen eingeschlagenen Weg weiter zu gehen.
Gepackt vom Afrikafieber – dein Wirken in einem bewegten Leben
Dass du dein Leben der Entwicklungshilfe verschreiben würdest, war dir bereits mit 16 Jahren bewusst.
Mit 21 Jahren hast du dich erfolgreich beim ÖED (Österr. Entwicklungsdienst) beworben und hattest deinen ersten Einsatz 1978 in der Zentralafrikanischen Republik.
Im Anschluss hast du im ÖED-Büro in Wien, sowie in Indien, Costa Rica und wieder in Zentralafrika gearbeitet.
Weitere Stationen deiner Karriere waren das Berufspädagogische Institut in Mödling und später der Verein „Don Bosco – Jugend eine Welt“.
Dort entstanden erste Kontakte nach Burkina Faso, indem du burkinische Jugendliche, die in Österreich ausgebildet wurden und anschließend wieder in ihre Heimat zurückkehrten, begleitet hast.
Ebenso warst du für die Betreuung von Volontären zuständig, welche du bei der Vorbereitung und Einarbeitung in Burkina Faso begleitet und unterstützt hast.
Nebenbei hast du von 1998 bis 2000 Soziologie in französischer Sprache in Strasbourg studiert und das Studium im Dezember 2000 souverän absolviert.
2004 bist du von der Vereinigung für Entwicklungszusammenarbeit (VEZ) zur Betreuung diverser Projekte nach Burkina Faso geschickt worden. Hier hast du dich auch bereits um kleinere, private Projekte gekümmert.
Da du nach Ablauf des 2-Jahres-Vertrages beim VEZ weiterhin in Ouagadougou bleiben wolltest, hast du die Gelegenheit genützt, die sich bot, und ein kleines Lokal übernommen.
Du hast immer schon von einem Café geträumt, so hast du dort dein eigenes Projekt geschaffen: ein Wiener Kaffeehaus, das „Café de Vienne“, das mittlerweile 13 Angestellten ein fixes Einkommen ermöglicht und unter anderem zur Anlaufstelle für deutschsprachige Burkina-Reisende wurde.
Neben dem Kaffeehaus hast du dich weiterhin um private Sozialprojekte gekümmert, die du großteils aus Spendengeldern finanzieren konntest und später auch durch einen kleinen Teil aus dem Gewinn des Kaffeehausbetriebes.
Es waren insgesamt 15 Projekte, die du umsetzen konntest, darunter z.B. ein Staudammprojekt, die Ausrüstung für eine Schule, Brunnenprojekte, Kleinkreditfonds für Frauen.
Dein Ziel war es, immer an der Basis zu arbeiten, um zu wissen, wohin das Geld fließt. Durch deine offene, zugängliche Art ist es dir gelungen, ein großes Netzwerk an Personen aufzubauen, auf welches du immer wieder zurückgreifen konntest.
Die Akzeptanz gegenüber Frauen ist in Burkina Faso nicht besonders groß, vor allem Männer in Behörden versuchten oft, dich einzuschüchtern. Umso bemerkenswerter ist es, dass du diesen Versuchen standgehalten hast und trotzdem zahlreiche Hilfsprojekte auf die Beine stellen konntest.
Deine Erfahrung und Umsicht schärften den Blick dafür, wo die Not und somit der Hilfebedarf am größten ist. Durch deine Kreativität entstanden laufend neue Ideen, die es galt umzusetzen. Dein Einsatz für das Gute war unermüdlich.
Trotz des „Afrikafiebers“, das dich schon früh gepackt hatte, hattest du mit der Hitze sehr zu kämpfen, das Thermometer kletterte nicht selten auf 42 ° C im Schatten. Obwohl du so lange Zeit in der Sahelzone gelebt hast, fiel es dir schwer, dich daran zu gewöhnen.
So war dein einziger täglicher Luxus die Klimaanlage im Schlafzimmer, leider durch häufige Stromausfälle unterbrochen, welche deine Geduld stark strapazierten.
Zumindest einmal jährlich hast du dir einen Flug heim nach Österreich gegönnt.
Träume…letzte große Veränderung – Abschied
In den letzten Jahren ist ein neuer Plan in dir gereift: du wolltest dein Café in Ouagadougou in jemandes andere Hände übergeben, um dich im Burgenland mit deiner treuen Hündin Blondy niederzulassen. Nach einem doch sehr bewegten, ereignisreichen Leben wolltest du dort ein einfacheres, gelasseneres Leben führen, wieder zur Ruhe kommen. Deine Träume nahmen zunehmend Gestalt an und deine Augen haben geleuchtet, wenn du darüber gesprochen hast.
Leider haben gesundheitliche Einschränkungen deine Pläne durchkreuzt. Im November 2015 hast du die Diagnose Krebs erhalten. Zuversichtlich und mutig wie eh und je hast du alle Operationen und Behandlungen durchgestanden ohne Zweifel daran, dass am Ende die vollständige Genesung steht. Es war ein langer und teilweise sehr qualvoller Weg zwischen Hoffnung und Verzweiflung.
Bis zu deinem letzten Tag bist du aufrecht gegangen, so als könne dir auch diese Widrigkeit nichts anhaben, so wie du es immer gewohnt warst – allen Stürmen des Lebens zu trotzen.
Wenn man fällt, steht man wieder auf und macht weiter – ein „Stehaufweiberl“ eben.
Ein ganz besonderer Dank gilt den langjährigen Freunden Manfred und Christine Kaufmann. Sie haben dir im Zuge deiner Wienbesuche stets ein Heim gegeben und dir Auszeiten aus der Hektik des Alltags in ihrem hübschen, idyllischen Haus im Burgenland ermöglicht, wo ihr zahlreiche harmonische, entspannte Stunden miteinander verbringen durftet.
Gemeinsame Urlaube mit den Kaufmanns waren wie geschaffen zum Auffüllen der Energietanks.
Darüber hinaus sind die Beiden dir in deiner wohl schwersten Zeit unvergleichbar beigestanden. Christine hat als enge Vertrauensperson Gespräche mit Ärzten geführt und nahestehende Personen und Verwandte zuverlässig und gefühlvoll über deinen Gesundheitszustand informiert.
Fast täglich hat Christine dich besucht und dir Mut zugesprochen, wenn dieser dich zu verlassen drohte.
Die Beiden haben die Höhen und Tiefen des Krankheitsverlaufes bis zum Schluss mit dir empathisch und ausdauernd durchlebt und sind dir bedingungslos zur Seite gestanden.
Danke Manfred und Christine für diese wunderbare Fürsorge und liebevolle Hingabe.
Brigitta, dein Leben bestand aus zahlreichen Reisen in ferne Länder. Jeder Abschied war für deine Freunde und Angehörigen immer wieder aufs Neue mit einer gewissen Wehmut verbunden, weil es hieß, auf deine Gesellschaft für geraume Zeit verzichten zu müssen. Dennoch warst du immer präsent und schließlich war es dank moderner Medien recht einfach, Kontakt zu halten.
Nun hast du dich auf deine letzte große Reise begeben – dennoch bist du uns so nah.
Liebe Brigitta – danke für all dein Wirken und all das Gute, das du uns hinterlassen hast! Danke für deinen einzigartigen Humor und für dein Lachen, das noch immer in unseren Ohren klingt! Danke, dass du ein Stück unseres Weges mit uns gegangen bist – wir vermissen dich!
Bettina in Namen des Vorstandes der VEZ
Brigitta
Im Namen des Vorstands der Vereinigung für Entwicklungszusammenarbeit erzähle ich einige Punkte über unseren gemeinsamen Weg mit Brigitta in den vergangenen Jahren.
Mein erster persönlicher Kontakt mit Brigitta liegt bereits vor der Gründung unseres Vereins – VEZ. Ein Bild dazu habe ich gerade in diesen Tagen wieder sehr klar vor mir. Vor 30 Jahren organisierte Dr. Raimund Hörburger, der vor 2 Jahren verstorbene Gründer des Vereins, ehemals Soziologe an der Johannes Kepler Universität in Linz, eine Reise mit Studenten und Studentinnen nach Westafrika. Zur Vorbereitung auf diesen Aufenthalt hatte er Brigitta zu einem Seminar eingeladen, um uns über das Reiseziel Burkina Faso zu informieren.
Dieses Bild, Brigitta vor uns stehend und über ihre Erfahrungen während ihrer Entwicklungsarbeit in Afrika berichtend, ist für mich so präsent, als wenn es heute wäre.
Ihr Auftreten und ihre Berichte, in Verbindung mit ihrer feinfühligen Art des Erzählens, haben über die Jahrzehnte einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Die Zusammenarbeit mit Brigitta und dem VEZ vertiefte sich vor gut 10 Jahren, sodass sie von 2006 – 2008 als angestellte Koordinatorin für den Verein für Entwicklungszusammenarbeit eine Reihe von Projekte, wie z.B. die Krankenstation Laafi in Ouagadougou betreute.
2006 wagte Brigitta den Schritt ins Unternehmertum und gründete in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, ihr „Cafe de Vienne“, war aber weiterhin mit großem Einsatz in der Entwicklungsarbeit aktiv und somit auch Mitarbeiterin und wesentliche Kontaktperson des VEZ in Burkina Faso.
In diesen Jahren begleitete sie für uns
– das sehr umfangreiche Projekt SEGKOS – ein Dorfentwicklungsprogramm im Norden Burkinas
– auf Brigittas Initiative wurde die Revitalisierung des großen Staudammprojekts in Toolo Wirklichkeit, das vielen Familien im trockenen Norden die Möglichkeit bietet, Gemüse anzubauen und die eigene Lebenssituation zu verbessern
Ein besonderes Anliegen war Brigitta die Verbesserung der Lebenssituation der Frauen und sie startete
– ein Frauenprojekt in Siguin, einem Dorf in einer nördlichen Provinz von Burkina Faso
– mit dem VEZ konnten dort Kleinkredite an Frauen vergeben werden und es gibt Pläne, für den Bau eines Frauenzentrums.
Hervorheben will ich, mit welcher Anteilnahme und Begeisterung Brigitta von den Begegnungen mit den engagierten Frauen dort erzählt hat.
Durch die ca. halbjährlichen Reisen unseres Vorstandmitgliedes, Othmar Weber und seiner Frau Eva wurden wir immer wieder auf dem Laufenden gehalten, wie es Brigitta ging und mit welchen Herausforderungen als Unternehmerin in Afrika sie konfrontiert war und sich stellen musste. Brigitta beschäftigte in ihrem „Cafe de Vienne“ bis zu 15 Mitarbeiter und –innen.
Durch die regelmäßigen Aufenthalte Brigittas in Österreich hatten wir die Gelegenheit, sie zu treffen und sich mit ihr auszutauschen. Brigitta erzählte offen über die aktuelle politische Situation in Burkina Faso, über die Lage der Bevölkerung und auch über Ideen für künftige Projekte.
Vor einem halben Jahr haben wir uns im Rahmen unseres Vereins zum letzten Mal gesehen. Brigittas gesundheitlicher Zustand hat uns betroffen gemacht. Als es nach ihrer Operation den Anschein hatte, dass sie sich wieder erholt, freuten wir uns, waren aber umso betroffener von der Verschlechterung ihres Gesundheitszustands in den vergangenen Wochen und nun Brigittas Tod, ihr Weggehen aus dieser Welt.
Brigitta, deinen Lebenskreis hast du geschlossen, danke für dein Sein, deine Arbeit und deinen Einsatz für viele Menschen in Afrika und die jahrelange, intensive Zusammenarbeit und Freundschaft.
Wir möchten hier vier Dokumente zur
Erinnerung an Brigitta wiedergeben
Das Land Oberösterreich brachte 2012 ein Buch mit dem Titel
„50 Jahre Entwicklungshilfe“ heraus. In diesem Buch präsentieren
ehemalige Entwicklungshelfer ihre Geschichte. Wir möchten hier
Brigittas Beitrag wiedergeben:
Brigitte in „50 Jahre Entwicklungshilfe“
(Diese Buch kann kostenlos bezogen werden: Buch Land O.Ö.
Vielleicht finden Sie darin auch die Geschichte Ihrer Bekannten.)
Freundinnen und Freunde von ihr aus Burkina Faso verfassten diese
berührenden Abschiedsworte (das PDF-Dokument ist aufgrund der
vielen Fotos relativ groß)
Abschiedsgrüße aus Burkina Faso
Ein Kondolenzschreiben (französisch) des Vereins YIPONI aus Fakena.
Fakena ist ein Dorf in Burkina Faso, dem Brigitta stark verbunden war.